13. Sonntag nach Trinitatis
21. Sonntag im Lesekreis
Jesaia 66,18-21; Psalm 117,1,-2; Lukas 13,22 30
St. Willborord Kirche, Krems
21 August 2016
Pfarrer em. Dr. Walter Baer
Die Frage, die Jesus
da im Evangelium gestellt wird, ist auch unsere Frage:
„Herr, sind es nur
wenige, die gerettet werden?“ Es ist die Frage danach, ob sich alle unsere
Mühen lohnen, um das ewige Leben zu erhalten.
Die Antwort Jesu ist
keine direkte Antwort auf die Frage. Sie gibt uns aber zu denken: „Bemüht euch
mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen, denn viele werden versuchen
hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.“
Die Antwort, die
Jesus gibt, wirft neue Fragen auf: Warum bemühen sich viele vergeblich? Was
heißt: „Bemüht euch mit allen Kräften!“? Kommt es also doch auf unsere Kräfte
an, auf unsere Werke und Verdienste, um das Heil zu erlangen? Was meint Jesus
damit? Worum geht es?
Einen neuen Zugang zu
dieser Frage habe ich vor ein paar Wochen bekommen. Am Anfang Juli hatte ich
die Gelegenheit eine Woche in Utrecht in den Niederlanden zu verbringen und an
einem Seminar über Altkatholische Theologie teilzunehmen. Es gab Teilnehmer aus
Holland, Deutschland, der Schweiz, den USA, Polen, Italien und Bischof Heinz
Lederleitner und ich aus Österreich. Letzte Woche habe auch ich in St. Pölten
in einem anderen Zusammenhang auch darüber gesprochen.
Von großem Interesse
waren für mich die historischen Entwicklungen, die zu der Entwicklung der
altkatholischen Theologie und Spiritualität geführt haben. Wie Sie wissen, in
Deutschland, der Schweiz, Österreich, der Tschechoslowakei und Kroatien begann
die altkatholischen Bewegung dann, als
eine Reihe von neuen Innovationen, die von Rom im neunzehnten Jahrhundert
eingeführt wurden, die dann in dem Ersten Vatikanischen Konzil im Jahre 1870
zur offiziellen Lehre der römischen Kirche wurden. Diese Änderungen
beinhalteten, wie die Kirche regiert wird und auch gewisse Glaubensaussagen
kamen hinzu. Dazu gehörten die Idee der päpstlichen Unfehlbarkeit, die neue
diktatorische Macht der Päpste die zur universellen Gerichtsbarkeit über jeden
katholischen Christen in der Welt erklärt wird und letztlich wurden auch Maria
und ihrer Rolle bei der Erlösung der Menschheit neue Ideen zugebilligt. Viele
Theologen, Geistliche und gebildete Laien haben gegen diese Innovationen
Einspruch erhoben, und wurden in Folge von der römischen Kirche wegen
Ungehorsam gegenüber der neuen Lehre ausgeschlossen.
In den Niederlanden
gab es eine eigene Entwicklung, wo das alte Erzbistum Utrecht, dem Druck von
den Jesuiten auf ihrer alten Vorrechte und insbesondere ihrer theologischen
Ansichten zu verzichten, standgehalten hat. Die theologischen Ansichten über
die „Gnade Gottes“ des heiligen Augustinus, die sagt, dass alle Menschen zwar
Sünder sind, aber dass sie ebenfalls Zugang zu Gottes vergebende Gnade haben,
hatte eine große Bedeutung in der niederländischen Kirche gewonnen. Die
Jesuiten, deren Ansichten von der Gnade durch legalistische Formulierungen
gesteuert wurden, haben den Papst aufgefordert diese Ansichten, die als
Jansenistisch (nach dem Theologen an der Universität Löwen Cornelius Jansen)
bezeichnet wurden, als ketzerisch zu erklären. So schließlich erklärte Rom 1723
die Erzbischöfe von Utrecht und die anderen niederländischen Bischöfe als schismatisch.
Als es nach 1870 klar wurde, dass Rom keine Absicht hatte, sich mit der
niederländischen Kirche zu versöhnen, schlossen sich die Holländer mit denen,
die die Lehre des Ersten Vatikanische Konzil abgelehnt hatten, zur
altkatholischen Bewegung zusammen und bildeten sie so, wie wir sie heute haben.
Ein wichtiger Teil
des Altkatholizismus ist das Verständnis, dass die Gnade Gottes und die Liebe
Gottes mächtiger ist als religiöser Autokratismus. Das Feuer der Liebe Gottes
wird auf neue Weise für verschiedene Generationen bereit gestellt. Dies hat
schon in der frühen Kirche gegolten, und es ist heute noch immer wahr. Gottes
Gnade, die nicht durch eine autoritäre religiöse Institution vermittelt wird,
ist eine Gnade, die für Alle verfügbar ist.
So wie steht diese
Lehre über die Gnade Gottes zum heutigen Evangelium?
Die Antwort, die
Jesus gibt, wirft neue Fragen auf: Warum bemühen sich viele vergeblich? Was
heißt: „Bemüht euch mit allen Kräften!“? Kommt es also doch auf unsere Kräfte
an, auf unsere Werke und Verdienste, um das Heil zu erlangen?
Im Gleichnis vom
barmherzigen Vater hat Jesus es uns doch anders erzählt, dass es nämlich Gottes
Güte ist, die dem verlorenen Sohn Vergebung und Heil schenkt. Besteht da ein
Widerspruch zwischen dem Gleichnis und dem heutigen Evangelium? Was will Jesus
uns heute verkünden?
zum 1.: Unsere
Aufgabe besteht nicht darin zu spekulieren, sondern die Gaben in unserem Leben
zu entdecken, die Gott uns geschenkt hat. Und diese gilt es dann auch
einzusetzen.
Zum 2.: Es ist nicht
richtig, vor Gott Berechnungen anzustellen. Darum dürfen wir zu Gott nicht
sagen: Wir haben für dich so viel getan; jetzt bist du dran, uns den Lohn dafür
zu geben. Gott ist nicht unser Handelspartner. Wir bleiben vor ihm immer
Glaubende, Hoffende, Liebende und Bittende.
zum 3.: Unser Leben
ist manchmal hart und schwer. Krankheiten. Leiden und Behinderungen kosten
große Kraftanstrengungen. Der Glaube soll keine zusätzliche Last sein. Er will uns
erfahren lassen, dass er uns hält und trägt.
Das Evangelium ist
also keine „Droh-botschaft“, sondern eine „Froh-botschaft“; denn am Schluss
heißt es: „Man wird von Osten und Westen, von Norden und Süden kommen und im
Reich Gottes zu Tische sitzen.“
Es gibt also mit Gott
Gemeinschaft und Freundschaft, nicht nur für uns Christen, sondern auch für die
Menschen anderer Religionen. Gott ist der Gott und Vater aller Menschen.
Liebe Freunde! Wir
haben keinen Grund, uns vor Gott zu fürchten. Er ist kein unberechenbarer,
furchterregender Gott, auch kein kleinlicher Buchhalter. Er ist ein Gott, dem
wir uns ganz anvertrauen können. Er ist es, der uns liebt und rettet. Durch
Jesus Christus lädt er uns freundlich ein: „Kommt alle zu mir, die ihr euch
plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen“.
Amen.
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