Monday, August 15, 2016

Predigt am 14. August 2016 in der altkatholischen Gemeinde in St. Pölten.

12. Sonntag nach Trinitatis; 20. Sonntag im Jahreskreis                                                
Jer 38,4-6.8-10; Ps 40,2-4b.18; Heb 12,1-4; Lk 12,49-53
Altkatholische Bürgerspitalskirche, St. Pölten
Pfarrer em. Dr. Walter Baer
14 August 2016

„Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen"

Vom Feuer war heute im Evangelium die Rede: Jesus ist gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Feuer, das meint Begeisterung. Wenn wir sagen, dass jemand Feuer und Flamme ist für etwas, dann heißt das:

Er geht ganz und gar darin auf. Und der Funke soll auch überspringen auf andere.
Allerdings kann es auch sein, dass der Funke nicht recht zünden will, dass die Begeisterung nicht überspringt, so sehr man sich auch bemüht.

Auch Jesus hat das erfahren müssen: In seiner Heimatstadt Nazaret wird er erstaunlicherweise abgelehnt. Seine eigene Familie hat ihn zunächst nicht verstanden, und manche von seinen Verwandten sagten sogar: Er ist verrückt.

Viele einflussreiche Leute und die religiösen Anführer seines Volkes waren gegen Jesus. So wurde ihm immer mehr klar, dass er eines Tages gefangen genommen und zum Tode verurteilt werden sollte.

Vom Feuer der Liebe, das Jesus den Menschen bringen wollte, wollten sie sich nicht anstecken lassen. Sie wollten ihr eigenes Feuer, ein Feuer der Zerstörung, der Macht und des Hasses dagegenhalten.

Was Jesus darum im heutigen Evangelium beschreibt, hat er selber erfahren müssen: An ihm scheiden sich die Geister. Die Menschen streiten sich darüber, ob er wirklich der verheißene Retter und Messias, war oder aber nur ein Betrüger. Sogar bis in die Familien hinein ging und geht dieser Streit: Aus ein und derselben Familie glaubt einer an Gott, der andere nicht, und so kommt es zu Uneinigkeit.

Dabei will Jesus, dass Frieden und nicht Spaltung, Versöhnung und nicht Trennung, Einheit und nicht Zwietracht zwischen den Menschen herrscht. Auch uns trägt Jesus das auf: Wir sollen das Feuer seiner Liebe, das Feuer seiner Versöhnung zu den Menschen tragen und ihr Leben froh machen.

Und doch müssen wir dabei wissen: Auch wir können dabei auf Ablehnung stoßen. Nicht jeder versteht, dass wir an Jesus glauben und dass er uns gezeigt hat, wie gütig und barmherzig Gott ist.

Das Feuer der Liebe wird oft  durch Angst, Intoleranz und Engstirnigkeit abgewehrt. Dies kann zu einer Spaltung führen. Die Kirche hat mit dieser Ablehnung der Liebe im Laufe seiner Geschichte zu kämpfen. Wir Altkatholiken haben auch Ablehnung erfahren.

Am Anfang Juli hatte ich die Gelegenheit eine Woche in Utrecht in den Niederlanden zu verbringen und an einem Seminar über Altkatholische Theologie teilzunehmen. Es gab Teilnehmer aus Holland, Deutschland, der Schweiz, den USA, Polen und Bischof Heinz Lederleitner und ich aus Österreich.

Von großem Interesse waren für mich die historischen Entwicklungen, die zu der Entwicklung der altkatholischen Theologie und Spiritualität geführt haben. Wie Sie wissen, in Deutschland, der Schweiz, Österreich, der Tschechoslowakei und Kroatien begann die altkatholischen Bewegung dann,  als eine Reihe von neuen Innovationen, die von Rom im neunzehnten Jahrhundert eingeführt wurden, die dann in dem Ersten Vatikanischen Konzil im Jahre 1870 zur offiziellen Lehre der römischen Kirche wurden. Diese Änderungen beinhalteten, wie die Kirche regiert wird und auch gewisse Glaubensaussagen kamen hinzu. Dazu gehörten die Idee der päpstlichen Unfehlbarkeit, die neue diktatorische Macht der Päpste die zur universellen Gerichtsbarkeit über jeden katholischen Christen in der Welt erklaert wird und letztlich wurden auch Maria und ihrer Rolle bei der Erlösung der Menschheit neue Ideen zugebilligt. Viele Theologen, Geistliche und gebildete Laien haben gegen diese Innovationen Einspruch erhoben, und wurden in Folge von der römischen Kirche wegen Ungehorsam gegenüber der neuen Lehre ausgeschlossen.

In den Niederlanden gab es eine eigene Entwicklung, wo das alten Erzbistum Utrecht, dem Druck von den Jesuiten auf ihrer alten Vorrechte und insbesondere theologischen Ansichten zu verzichten, standgehalten hat. Die theologischen Ansichten ueber die „Gnade Gottes“ des heiligen Augustinus, die sagt, dass alle Menschen zwar Sünder sind, aber dass sie ebenfalls Zugang zu Gottes vergebende Gnade haben, hatte eine grosse Bedeutung in der niederländischen Kirche gewonnen. Die Jesuiten, deren Ansichten von der Gnade durch legalistische Formulierungen gesteuert wurden, haben den Papst aufgefordert diese Ansichten, die als Jansenistisch (nach dem Theologen an der Universität Löwen Cornelius Jansen) bezeichnet wurden, als ketzerisch zu erklären. So schließlich erklaerten  1723 die Erzbischöfe von Utrecht und andere niederländischen Bischöfe ein Schisma. Als es nach 1870 klar wurde, dass Rom keine Absicht hatte, sich mit der niederländischen Kirche zu versöhnen, schlossen sich die Holländer mit denen, die die Lehre des Ersten Vatikanische Konzil abgelehnt hatten, zur altkatholischen Bewegung zusammen und bildeten sie so, wie wir sie heute haben.

Ein wichtiger Teil des Altkatholizismus ist das Verständnis, dass die Gnade Gottes und die Liebe Gottes mächtiger ist als religiöser Autokratismus. Das Feuer der Liebe Gottes wird auf neue Weise fuer verschiedene Generationen bereit gestellt. Dies hat schon in der frühen Kirche gegolten, und es ist heute noch immer wahr. Gottes Gnade, die nicht durch eine autoritäre religiöse Institution vermittelt wird, ist eine Gnade, die für Alle verfügbar ist. Die Gnade des Priesteramtes ist nicht nur auf unverheirateten Männer beschränkt, oder nur auf Männer. Frauen sind gleichwertig, Frauen sind willkommen, das Priesteramt zu bekleiden. Geschiedene und auch homosexuelle Menschen sind willkommen, Personen jeder Rasse, sozialem Status, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Das Feuer der Liebe Gottes ist für alle da.

Wenn das Feuer der Religion außer Kontrolle geraet oder in eine falsche Richtung gerichtet wird, kann dies zu religiöser Gewalt führen. Religiöse Gewalt ist nicht nur Andere im Namen Gottes zu töten. Es ist auch die autoritäre Interpretation religiöser Texte, demnach man Gottes Liebe und Gnade manchen Menschen aus verschiedenen ideologisch bestimmten Gründen verweigern kann. Ja, auch das ist Gewalt.

Das Christsein kann auch wegen solcher selbstzerstörenden Streitereien zu Ablehnung von Anderen fuehren.

Wie können wir damit umgehen? Im heutigen Evangelium sagt uns Jesus, dass wir mit solcher Ablehnung oder gar mit manchem Spott rechnen müssen. Das kann passieren; also stellt euch darauf ein. Und zugleich will er uns damit Mut machen; denn der Glaube an Gott, den Jesus uns verkündet hat, hilft uns wirklich im Leben weiter und gibt uns Kraft - auch wenn manche das nicht verstehen können oder wollen.

Als Christen suchen wir nicht den Streit und den Unfrieden, sondern wir wollen uns mit unseren Mitmenschen gut vertragen. Die Nächstenliebe, die Jesus uns aufgetragen hat, gilt selbstverständlich auch für alle, die uns nicht verstehen. Immer wieder sollen wir versuchen, uns mit Anderen zu versöhnen, die uns vielleicht wegen unseres Glaubens anfeinden.


Wir alle wissen: Friedensstifter haben es nicht leicht. Und doch braucht sie diese Welt dringend. Jesus wollte das Feuer der Liebe und des Friedens zu den Menschen bringen, gegen allen Hass und Streit. Mit seinem ganzen Leben, ganz selbstlos ist er dafür eingestanden. Arbeiten auch wir daran, dass sich dieses Feuer der Liebe Jesu auf der Erde immer mehr ausbreitet, damit alles Trennende unter den Menschen überwunden werden kann!   Amen.

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